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Data Insight
— Case 001 —

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Scientia, Ordo und Humanitas bilden den ideellen Kern der AG-AIM. Als moderne Forschungsgruppe verstehen wir diesen Dreiklang als Selbstverpflichtung zu wissenschaftlicher Exzellenz (scientia), methodischer Präzision (ordo) und menschlicher Verantwortung (humanitas).

Scientia sine ordine vana est.
Ordo sine humanitate vacuus est.
Humanitas sine scientia caeca est.

Wissenschaft ohne Ordnung ist ziellos. Ordnung ohne Menschlichkeit ist leer. Menschlichkeit ohne Wissenschaft ist blind.
Patient mit Sepsis
Sepsis

Hohe Sterblichkeit, heterogene Verläufe

Sepsis zählt weltweit zu den führenden Todesursachen und umfasst sehr unterschiedliche klinische Verläufe. Diese Heterogenität erschwert die gezielte, effektive Behandlung. Die Identifikation klarer Subgruppen („Phänotypen“) könnte eine Grundlage für personalisierte Therapieansätze schaffen und so Behandlungsergebnisse auf Intensivstationen verbessern.

Identifikation von Sepsis Phänotypen

als Basis für spezifische Behandlungsstrategien

Ziel unserer Studie: "Identification and longitudinal assessment of sepsis phenotypes derived from routine clinical data in critically ill patients: a retrospective repeated measures latent profile analysis" — erschienen in Infection —war es, bei Patient:innen mit Sepsis klinisch unterscheidbare Subgruppen zu identifizieren und deren Stabilität über den Krankheitsverlauf hinweg zu untersuchen. Durch die Auswertung routinemäßig erhobener Parameter sollte eine Grundlage geschaffen werden, um pathophysiologisch unterschiedliche Verläufe frühzeitig zu erkennen und gezieltere Behandlungsstrategien zu ermöglichen.

Die folgende Grafik basiert auf der retrospektiven Analyse von 637 erwachsenen Patient:innen mit Sepsis, die zwischen 2013 und 2021 auf der Intensivstation der Medizinischen Hochschule Hannover behandelt wurden. Mittels Latent Profile Analysis (LPA) wurden auf Grundlage routinemäßig erhobener klinischer Parameter innerhalb der ersten 48 Stunden nach Sepsisbeginn vier Subgruppen („SG1“–„SG4“) identifiziert, die sich in Entzündungsgrad, Organfunktionsstörungen und Prognose unterschieden.

Die Analyse wurde 120–144 Stunden nach Sepsisbeginn wiederholt. Zu diesem späteren Zeitpunkt konnten drei Subgruppen mit vergleichbaren Charakteristika festgestellt werden. Um die zeitliche Stabilität dieser Phänotypen zu visualisieren, wurde der Verlauf der Subgruppen zwischen Tag 1/2 und Tag 4/5 sowie der klinische Endpunkt in einem interaktiven Flussdiagramm aufbereitet. Die interaktive Darstellung zeigt:

  • Links: Subgruppenverteilung zum frühen Zeitpunkt (Tag 1/2)
  • Mitte: Subgruppenverteilung zum späten Zeitpunkt (Tag 4/5)
  • Rechts: Klinischer Endpunkt (in-hospital mortality oder Entlassung)

Patientenfluss zwischen Sepsis-Subgruppen und klinischem Outcome

Erklärung: Jede Verbindungslinie repräsentiert den Verlauf von Patient:innen zwischen den Zeitpunkten. Beim Überfahren einer Subgruppe mit der Maus werden zentrale demographische Daten, Laborwerte sowie die Krankenhaussterblichkeit für diese Gruppe angezeigt.
Erklärung: Jede Verbindungslinie repräsentiert den Verlauf von Patient:innen zwischen den Zeitpunkten. Beim Antippen einer Subgruppe werden zentrale demographische Daten, Laborwerte und die Krankenhaussterblichkeit für diese Gruppe angezeigt.
SG

Detailansicht

Um Marker-Medians der Subgruppen anzuzeigen, über einen der Pfade fahren.
signifikant p= .01
hoch-signifikant p= <.001
Dargestellte Werte = Median (95% KI); Odds Ratio mit 95% KI

Subgruppen-Charakteristika

Subgroup 1 (SG1 – hepatobiliäre Dysfunktion)
Patienten mit deutlicher Einschränkung der Leberfunktion, oft kombiniert mit kardiovaskulärer Instabilität. Hohe Bilirubin- und INR-Werte, häufig erhöhter Vasopressorbedarf. Zeigte in beiden Zeitpunkten die höchste In-Hospital-Mortalität und eine hohe zeitliche Stabilität.
Subgroup 2 (SG2 – geringste Ausprägung von Organdysfunktion)
Charakterisiert durch vergleichsweise niedrige Entzündungswerte und stabile Organfunktionen. Diese Gruppe wies durchgehend die niedrigste Mortalität auf.
Subgroup 3 (SG3 – hyperinflammatorisch)
Deutliche systemische Entzündungsreaktion mit hohen Entzündungsparametern (z. B. CRP, PCT, WBC) und moderater Organdysfunktion. Höhere Mortalität als SG2, jedoch niedriger als SG1. Wechsel in SG1 war häufig.
Subgroup 4 (SG4 – älter, komorbid)
Höheres Alter und vermehrte Vorerkrankungen. Auffällig hohe Procalcitonin- und INR-Werte. Trotz dieser Risikofaktoren vergleichsweise niedrige Mortalität, oft aufgrund stabiler Kreislaufsituation.
Quelle: Jung, C., Oetzmann, N., Gillmann, HJ. et al. Identification and longitudinal assessment of sepsis phenotypes derived from routine clinical data in critically ill patients: a retrospective repeated measures latent profile analysis. Infection (2025). https://doi.org/10.1007/s15010-025-02607-8 (modifiziert)
Konklusion

Unsere Analyse lieferte wichtige Erkenntnisse zur Heterogenität von Sepsis und deren zeitlicher Dynamik. Die klaren Unterschiede zwischen den Subgruppen – sowohl in der klinischen Präsentation als auch im Outcome – unterstreichen das Potenzial einer frühzeitigen, datenbasierten Einteilung für personalisierte Therapieansätze.

Die vollständige Studie ist als Open-Access-Artikel bei Infection verfügbar:

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